Man kann…

Man kann einen Tag über Monate hinweg herbeisehnen und wenn er da ist, doch heulen wie ein Schlosshund.

Man kann über Wochen hinweg die Tage und Stunden bis zum Ende, bis zum so sehr benötigten Urlaub zählen und dann doch am letzten Arbeitstag vor Abschiedswehmut alles extra langsam machen um nur ja dieses letzte „hinter sich die Türe zumachen“ noch ein halbes Stündchen hinauszuzögern. Und noch eines. Und noch eines. Und noch ein wenig…

Man kann Urlaubspläne schmieden noch und nöcher und sich freuen wie Bolle, denn so einen langen Urlaub gab’s seit 2010 nicht mehr, und dann doch am letzten Tag so aufgewühlt und verwirrt sein, dass man nichts mehr auf die Reihe bekommt.

Man kann sich wochenlang über Dinge aufregen, die nicht funktionieren, über Hackordnungen und Bürotratsch, und dann doch beim Abschied von all der Wärme, Herzlichkeit und Anerkennung so überwältigt sein, dass man kaum ein Wort herausbekommt und auch noch vergisst, der Lieblingskollegin seine Schulden zurückzuzahlen.

Also ich zumindest kann das.

(Gefühlschaos total hier. Aber jetzt hab ich ja Urlaub.)

Arbeitsteilung

Ich liebe es in einem Großkonzern zu arbeiten, wirklich. Ich hatte schon seit einiger Zeit meine Zweifel, was Großkonzerne nichts mehr mit Effizienz zu tun haben. Effizienz wäre dann, wenn mein Chef aus der Fachabteilung eine Stellenausschreibung bekommt, diese dann an mich weiterleitet, ich die Anzeige an die Agentur formuliere und schicke und dann letztendlich doch wieder die Fachabteilung bitten muss, die Anzeige freizugeben? Vier Arbeitsschritte, vier Emails, wo eine oder zwei doch eigentlich reichen würden, oder? Spezialisierung hin oder her.

Aber gut, gestern jedenfalls hab ich einen neuen Hohepunkt von Effizienz erlebt: Eine Kollegin aus Berlin schickte mir per Mail mehrere Dokumente, damit ich sie ausdrucke und per Post zurück an sie nach Berlin zum Unterschreiben schicke. Zunächst dachte ich ja, es handelt sich um eine Flut von Verträgen und Briefen, letzten Endes war ich aber dann ganze 10 (in Worten: zehn) Minuten mit Drucken beschäftigt. Ich find’s klasse. 😉

Allerdings stellt sich mir jetzt die Frage, ob die in Berlin keine Drucker haben…

Die magische Grenze

Memo an mich: Halte Dich niemals und unter keinen Umständen nach 16 Uhr noch im Bürogebäude auf. Sei lieber ein fleissiger Mensch, der Punkt 8 Uhr früh am Schreibtisch sitzt, aber halte Dich nicht nach Ablauf der 8 Stunden, also nach 16 Uhr im Bürogebäude auf.

Es gibt nämlich scheinbar eine magische Grenze um 15.59 Uhr, vor Erreichen derer es ein Leichtes ist, seine Arbeit zu beenden, den Schreibtisch aufzuräumen, PC runterzufahren und das Büro zu verlassen. Bleibst Du jedoch aufgrund guter Vorsätze oder gesteigertem Arbeitsaufkommens länger als 16.01 Uhr, so kann es Dir locker passieren, dass Du vor 18.00 Uhr oder 18.30 Uhr die Bürotüre nicht mehr zu Gesicht bekommst und Glück hast, wenn Du noch schnell wenigstens Deine Arbeitszeiten im System eingeben kannst, bevor Du zur Sbahn sprintest. Es ist inzwischen nämlich wissenschaftlich bewiesen, dass es irgendein Arbeitsloch gibt, das sich nach Überwindung der magischen Zeitgrenze Punkt 16.01 Uhr öffnet und Dich mit „Könntest Du noch…“, „Das muss uuuunbedingt noch…“ oder „Kannst Du nicht gerade noch schnell…?“ überschwemmt. Längst im Gewirr der Büroflure verloren geglaubte Kollegen und Chefs sind ebenfalls wie von Zauberhand plötzlich wieder ansprechbar und somit auch wieder in der Lage Dir in ausreichendem Maße Aufgaben zuzuweisen und urplötzlich fallen ihnen auch wieder unglaublich wichtige Dinge ein, die sie eigentlich schon letzte Woche mit Dir besprechen wollten…

Sei schlau und verlasse das Kampfgelände,  solange Du noch kannst. Und zwar vor 15.59 Uhr!

😉

Hummeln im Hintern.

Ich bin zur Zeit ein wenig ungeduldig. Ich so möchte gerne so viele Dinge tun. Eigentlich – um genau zu sein – ich möchte alles tun. Alles, gleichzeitig und jetzt sofort.

Meine Arbeit ist nett, manchmal allerdings, sowie die letzten zwei Wochen, wenn mein Chef im Urlaub ist, ist sehr wenig zu tun und das Ganze hat einen Touch von Zeit-Absitzen-und-alle-fünf-Minuten-verzweifelt-auf-die-Uhr-schauen. (Zu-)Viel Zeit also zum Nachdenken, während ich darauf warte, dass irgendjemand etwas für mich zu tun hat. Ich aber wüsste tausend Möglichkeiten, wie ich diese Zeit sinnvoll nutzen könnte. Mein Kopf steckt voller Ideen und Pläne, leider scheint das meiste davon in naher Zukunft nicht so leicht realisierbar.

Ich würde zu gerne die Näherei etwas ausbauen. Ein eigenes kleines Onlinelädchen in das ich dann und wann wenn ch Lust habe ein wenig Handgemachtes und liebevoll verziertes Schnickeldi stellen kann, das wäre fein. Schliesslich habe ich in letzter Zeit – nicht ohne ein wenig stolz zu sein – ständig zu hören bekommen: „Wow, Deine Näherei ist toll. Da musst Du etwas draus machen.“ Das Problem, Nähen klappt ganz schlecht unter Stress. Ich mag es nicht, wenn es zum „Zwang“ wird, wenn ich von der Arbeit nach Hause eile, um möglichst heute noch 2 3 4 5 10 Buchhüllen fertigzustellen. Ich mag allgemein Dinge nicht, die vom Spass zum Zwang werden. Also bleibt die Näherei hauptsächlich aufs Wochenende beschränkt und geht dementsprechend langsam voran, während ich im Urlaub schon wieder neue Stöffchen geshoppt habe und in meinem Kopf die Ideen für Stifteetuis, Tatütas, Brotkörbe, E-Book-Hüllen, Krimskramskörbchen, Sorgenfresserchen, Taschen und Täschchen, Röckelchen usw. usf. langsam explodieren.

Ich würde gerne (wieder) etwas (mehr) Sprachwissenschaft betreiben. Das klingt jetzt vielleicht etwas verrückt. Nicht, dass ich mit meinem jetztigen Studium nicht zufrieden wäre und einer nicht existenten Wissenschaftlerkarriere hinterhertrauern würde. Das ist es nicht. Vielmehr hatte ich mir mit dem Ende des Studiums geschworen, dass selbst wenn meine Wege einfach in Zukunft in andere Richtungen verlaufen sollte, dass ich doch nicht komplett einrosten möchte. Es war so eine Art Versprechen an mich selber. Dafür habe ich dieses Studium doch zu sehr geliebt, als dass ich wie in der Schule einfach mit dem Abschlusszeugnis in den Händen alles vergessen könnte und wollte. Und ein wenig Fortbildung in Form von Sprachkursen geht ja immer, dachte ich damals. Aber im Alltag ist es eben doch immer etwas anderes: Man vergisst so schnell und doch denke ich mir immer wieder, dass in diesem Fall das Vergessen doch mehr als jammerschade wäre, schliesslich war ich gar nicht so schlecht. 😉 Mal wieder ein linguistisches Buch lesen, der hier steht ziemlich weit oben auf der Wunschliste. Noch idealer wäre so ein kleines Projektlein, das man mal nebenbei machen kann. So wie zum Beispiel dieses Dialekteprojekt vor anderthalb Jahren. Das war interessant, aber doch nicht so viel Arbeit, dass man es nicht auch neben Job und Studium erledigen könnte. Leider sind solche „Projektelchen“ für Möchtegerne-Wissenschaftler 😉 eben noch dünner gesät als „richtige“, grosse Forschungsprojekte, die Chancen also mehr als gering nichtig. Nun ja, vielleicht reicht die Zeit ja bald mal wieder für einen sprachwissenschaftlichen Blogartikel…

Ich würde gerne übersetzen. Auch das klingt vielleicht verrückt. Letztes Jahr habe ich mich für eine Übersetzerschule in Helsinki beworben, wurde aber leider nicht genommen. Dieses Jahr gibt es meines Wissens keine Angebote für Übersetzerschulen. Dabei wäre Übersetzen etwas sehr Geniales, Kreatives, womit ich mir womöglich auch später mein (mageres ;))) ) Sozialpädagogengehalt je nach Bedarf, Zeit und Kapazitäten aufstocken könnte. Und es würde helfen, weiterhin auf Finnisch fit zu bleiben. Man verblödet doch schneller als gedacht zwischen Personalstatistiken und Kopierern. 😉 Leider aber bin ich (noch) keine Übersetzerin und das ist ja nunmal auch keine leichte Branche. Man muss meines Wissens allein schon extrem viel Vorarbeit leisten, um überhaupt von einem Verleger angehört zu werden. Und ob es dann als kleiner Fisch im grossen Schwarm Aufträge gibt, bleibt fraglich. Aber schön wäre es eben und auch praktisch. Alternativ ginge auch etwas mehr Sprachunterricht, auch das hilft erstaunlich gut, fit in der Fremdsprache zu bleiben. Schüler können Fragen stellen, das können Sie Sich nicht vorstellen. 😉

Last but not least, ich würde natürlich wie eh und je gerne noch hunderttausend Sprachen mehr lernen. Momentan ist es ja Arabisch, aber wie gerne und wie dringlich würde ich endlich einmal mein mageres Russisch und mein Türkisch, das ich letztes Jahr aus Zeitmangel aufgegeben habe, etwas aus- und aufbauen. (Was ja nebenbei bemerkt wiederum unter Umständen als Sozialarbeiterin auch weiterhelfen würde, so von wegen Zusatzqualifikationen!)

So viele Ideen, so viele Pläne, so viele Möglichkeiten, so viel „könnte“, so viel „wollte“ und so viel zu tun, dass ich gar nicht weiss, wo ich anfangen soll und leider gibt es auch dieses Jahr immer noch keinen 48-Stunden-Tag. So langsam verzweifele ich. 😉

Aber nächste Woche fängt ja schon wieder die Uni an, ab dann werde ich bis Mitte Juli garantiert wieder (wieder?!?) genug zu tun haben und das Problem löst sich komplett in Luft Wohlgefallen auf. Und eigentlich, also ganz eigentlich tief innen drinnen, wird mir momentan immer noch öfters mal alles zuviel und ich sehne mich nach mindestens zwei Wochen nur Ruhe, auf irgendeinem abgelegenen Berg, wo ich nichts hören und nichts sehen muss.

Kein „müsste“, kein „sollte“, kein „könnte“ und auch kein „wollte“.

Call me schizo-Ansku. 😉

5 – 4 – 3 – 2 – 1 – 0

Noch 5, noch 4, noch 3, noch 2, noch 1… und plötzlich ist Urlaub.

Der Urlaub wird trotz aller guten Vorschläge ein Heimaturlaub. Ich habe mir fest vorgenommen alle fünfe gerade sein zu lassen, alle viere von mir zu strecken und nichts zu tun ausser ein nettes Dreierlei aus Schlafen, Essen, Greys Lesen. Vermutlich erwarten mich nächste Woche erstens meine Nähmaschine, zweitens ein stürmischer und ein hitziger Besuch 😉 und drittens noch ein paar weitere liebe Freunde, sonst nichts. Ich finde aber, das reicht vollkommen für einen gelungenen Urlaub. Der letzte Urlaub war im September, ich muss also erstmal wieder üben, wie das geht, Urlaub. 😉 Aber ich freue mich darauf und probehalber bin ich vorhin auf dem Heimweg vom Büro schonmal ein paar Schritte gehüpft vor Freude. Bei Helligkeit aus dem Büro kommen, Sonnenschein, ein unverschämt gutes Schokocroissant vom Lieblingsbäcker und die Aussicht auf eine Woche nur Zeit, soviel Glück hält doch kein Mensch aus.

Frühförderung

Ich arbeite ja in „MediaCity“, dort wo sich eine Reihe bekannter und unbekannter TV- und sonstige Medienfirmen angesammelt und breitgemacht haben. Auf dem Weg zur Arbeit laufe ich zur Zeit jeden Morgen an einem Betriebskindergarten vorbei. Mitte der Woche aber hatte ich lieben Übernachtungsbesuch aus Hamburg und war deshalb auch am darauffolgenden Morgen erst nachdem ich den lieben Besuch mit Frühstück und Reiseproviant versorg und in den Bus zum Bahnhof gesetzt hatte später spät gegen Mittag im Büro.

Ich lief also bei strahlendem Sonnenschein wie gewohnt an dem Kindergarten vorbei, und bemerkte erfreut, dass die Kindergartenkinder heute draussen spielen. Doch irgendetwas an der Szene war irritierend. Ich blieb kurz stehen und betrachtet das faszinierende Bild, das sich mir bot:

Unten spielten die Kinder im Sandkasten und über ihnen am Gebäude pragt gross, rot und weithin sichtbar das Logo eines bekannten deutschen Fernsehsenders.

Das nennt sich dann wohl auch Frühförderung? 😉 Betriebskindergärten sind was faszinierendes.

Projekt: Ich will auch Urlaub

Mein Job ist super, das sagt ich bereits einige Male und ich kann nicht gerade behaupten, dass ich mich überarbeiten würde. Heute jedoch bekam ich eine Email einer bekannten Jobvermittlung für Studenten, diesmal allerdings auf der Arbeitgeberseite. Dort hiess es, dass ab nächster Woche alle Studenten Semesterferien haben und daher bis Mitte April voll arbeiten dürfen. Den Arbeitgebern wurde daher ans Herz gelegt, doch schleunigst noch ihre Studentenjobs für Projektarbeit, Urlaubsjobs und Vollzeit-Arbeitskräfte zu inserieren.

Ich musste etwas höhnisch lachen, arbeite ich doch nun schon seit zwei Wochen voll und meine Semester“ferien“ enden nicht Mitte April, sondern bereits am 15. März. Am Dienstag vor zwei Wochen die letzte Klausur, ab Mittwoch voll ran und seitdem begebe ich mich jeden Tag wie ein braver Arbeitnehmer acht Stunden auf Maloche. Und das war vielleicht nicht die allerbeste Idee, denn langsam aber sicher merke ich doch, wie meine Kräfte sich dem Ende neigen. Obwohl ich ganz normal und weitestgehend ohne Stress und Termindruck meine Arbeit erledige, werde ich von Tag zu Tag müder, lustloser und gereizter. Gerade eben noch erholt vom Wochenende, fühle ich mich jetzt schon am Dienstag abend komplett erledigt und zähle die Tage, nein die verbleibenden (Arbeits-)Stunden bis zum Freitag. Obwohl das Pensum dieser beiden Tage mich wohl unter „normalen“ Umstände nicht einmal ein Schulterzucken gejuckt hätte. Und obwohl ich letzte Nacht von 22.30 Uhr bis 7.00 Uhr wie ein Steinchen durchgeschlafen habe.

Studium und Arbeit funktioniert im Grunde genommen ja unerwartet gut, ich hatte mir es stressiger vorgestellt. Und ich möchte es um nichts missen oder tauschen. Vermutlich rettet mich momentan, dass ich – auch aufgrund der örtlichen Distanzen – fast immer an einem Tag ENTWEDER arbeiten ODER in die Uni gehe. Es gibt kein Hin- und Hergerenne zwischen Arbeitsplatz und Hörsaal. Dennoch verlangt mir auch diese Methode viel ab, vor allem Organisation. Ich muss genau wissen an welchem Tag ich was erledige, ich kann nicht mal eben in die Uni hüpfen, um noch hier ein Buch zu holen oder dort mit Komilitonen ein Projekt zu planen. Ich bin also ständig am Überlegen und Organisieren.

Wenn ich das noch von Mitte März bis Mitte Juli durchhalten will, muss ich wohl oder übel etwas tun. Der letzte Urlaub war im September, in den Weihnachts“ferien“ habe ich für Klausuren gelernt und das Sommersemester fängt bereits in fünf Wochen an, höchste Zeit also für eine kleine Pause und etwas durchschnaufen. Packen wir’s an:

Punkt 1: Chef um Urlaub anbetteln: Erfolgreich 28.2. – 4.3. Check √
Punkt 2: Urlaub offiziell beantragen: Muss ich nicht √
Punkt 3: Frage beantworten: Verreisen oder die Woche einfach nur entaspannt verschlafen?
Punkt 4: Frage beantworten: Wenn verreisen, dann wohin????
Punkt 5: sich freuen. Check √

Seien Sie gespannt, wie das Projekt weitergeht. 😉

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Morgen dann so der Tag, auf den ich mich schon die ganze Woche gefreut habe: Möglichst Spätestens um acht Uhr im Büro sein und Meeting mit Chef und Abteilungsleiter für Montag vorbereiten. Dann bitte möglichst pünktlich, soll heissen spätestens 11.30 Uhr, das Büro verlassen und um 13.00 Uhr in der Uni „mal eben“ so ne „kleine“ Rechtsklausur schreiben. Das sind dann die Dinge, die ich am geteilten Studenten- und Arbeitsleben liebe, aber ich hab’s ja anscheinend nicht anders gewollt.

Also packen wir’s an.

Frau Ansku verbreitet Angst und Schrecken

Am Sonntag war ich in einer Lernpause spazieren, um das schöne Wetter auszunutzen. Auf dem Weg zum nahegelegenen Lieblingsfluss kam ich an einem zömlisch schöcken und herrschaftlichen Haus vorbei und spontan fiel mir wieder ein, dass ich dort einmal beinahe gearbeitet hätte.

Irgendwann, so mit 14, 15 Jahren hängte ich in der nahen Bäckerei einen Zettel mit einem Babysitterangebot aus. Bereits wenige Tage später meldete sich eine Frau, die zunächst fragte, ob ich auch Englisch spreche. Es stellte sich dann heraus, dass es eine englischsprachige Familie ist, die auch noch ganz in der Nähe wohnt. Sie wollten mich einigermaßen regelmäßig als Babysitterin haben, das Gehalt war okay, dazu noch die einmalige Chance mein Englisch aufzupimpen und ich solle doch ganz bald einmal vorbeikommen zum Kennenlernen. Ich ging hin und war ersteinmal gehörig beeindruckt von dem Haus. Das Gespräch verlief aber dann doch ganz super, wir waren uns auf Anhieb sympathisch, das Baby, das eigentlich schon ein Kleinkind war, wahnsinnig süss und eigentlich hatte ich den Job schon in der Tasche. Wenn nicht…

…ja wenn nicht die Frau schon beim Verabschieden den Kratzer auf meiner Hand entdeckt hätte. Ob ich eine Katze hätte, fragte sie mich, oder woher denn der Kratzer käme? Naiv und wahrheitsgemäß antwortete ich, nein, keine Katze, sondern kleine süße Ratten. Die Frau war zömlisch erschrocken, aber zunächst begriff ich gar nicht warum, denn meine Ratten waren doch sauber und gesund und ganz wahnsinnig süß. Ausser ihrem Käfig bekamen die sowieso nichts zu sehen – leider im Nachhinein gesehen. (Heute würde ich das nicht mehr machen.) Die Frau fragte mit sehr irritiertem Gesichtsausdruck nach, ob ich denn die Hände gewaschen hätte. Aber ja, natürlich, das tue ich jedes Mal, wenn ich mich mit den Ratten beschäftigt habe, ist ja selbstverständlich. Und ob die Ratten denn gesund seien? Klar, sowas von gesund, regelmäßig beim Tierarzt und auch ganz sauber. Wieviel Zeit die am Tag mit Fellpflege verbringen, da kann ich am wahrsten Sinne des Wortes nicht nur gegen anstinken! 😉

Ganz so habe ich das natürlich nicht gesagt, aber ich habe ihr deutlich gesagt, dass von meinen Ratten keinerlei Gefahr ausgeht und schon gar nicht von mir.

Das Ende vom Lied? Die Mutter erklärt mir, dass ich wohl eine Gefahr für ihr Kind bin, dass sie das nicht möchte, also kein Babysitterjob für mich. Ich weiß aber auch heute nicht mehr, ob ich diesen Job wirklich gewollt hätte. Aber immerhin wieder einmal erfolgreich Angst und Schrecken – und dazu anscheinend noch ein paar Seuchen – verbreitet. 😉

(Frau Tunisianna, Ihr wart schuld, damit das nur mal geklärt ist! 😉 )

Neues aus dem Nähstübchen (III)

Ich bin ein kleines bisschen stolz und ein kleines bisschen sehr glücklich. Gestern kamen endlich die langerwarteten Etiketten und somit darf ich jetzt endlich das Geheimnis um den „Labelnamen“ lüften:

Vrenellis3

Ich freu mich riesig, denn ab jetzt ist mein ganzer Nähkram, den ich hier produziere noch ein Stück individueller und unverwechselbarer. Und wie die Frau Ansku halt so ist, musste sie sich natürlich gestern abend noch ans Maschinchen setzen und die Neuerwerbungen ausprobieren. Ich darf mit Stolz die ersten beiden Vrenellis präsentieren.

Vrenellis2

Vrenellis1

… denen sichelrich noch viele folgen werden. 😉

(Bei soviel Aufregung und Freude hatte leider die Qualität der Bilder etwas zu leiden, ich bitte das zu entschuldigen. :lol:)

Kopfkino

Es ist manchmal sehr unglaublich und teilweise auch erschreckend, wie schnell das Kopfkino sich einschaltet. Welche Phantasien ein einziger Anruf auslösen kann.

Heute etwa gegen mittag sass ich im Büro – nein, ich langweilte mich tödlich im Büro, weil mein Chef und etliche Kollegen noch im Urlaub sind und die, die da sind, erst einmal nach dem Urlaub selber mit ihrer Arbeit zurande kommen mussten und somit irgendwie keiner so recht etwas für mich zu tun hatte. Ich sass also da und langweilte mich und seufzte mehrmals lang und tief über diesen er und sten langen Montag des Jahres, dem noch so viele lange Montage folgen werden, als plötzlich auf dem Handy eine mir unbekannte Nummer anrief. Es war die Sprechstundenhilfe des Hausarztes von Oma und Opa, die mich zunächst fragte, ob ich zuhause sei, dann ob ich letzte Nacht zuhause gewesen wäre. Das alleine löst schon ein ungutes Gefühl aus.  Dann rückte sie endlich mit der Sprache raus: Sowohl der Pflegedienst als auch sie, als sie etwas vorbeibringen wollte, seien heute vormittag nicht ins Haus der Großeltern gekommen, es hätte keiner die Tür aufgemacht. Nun ist ja bekannt, dass meine Großeltern gerne lang – länger – sehr lang ausschlafen, aber gegen 12 Uhr mittags sollten sie dann doch allmählich mal wach sein. Das Ganze war also schon sehr ungewöhnlich und machte nicht nur mir etwas Sorgen. Wir vereinbarten, dass ich mich auf dem schnellsten Wege nach Hause begeben würde, aber selbst das würde mit dem Bus ca. eine halbe Stunde dauern.

Ich legte auf und in meinem Kopf bewegten sich plötzlich verschiedene Bilder, Szenen, was die Ursache für diesen mysteriösen Vormittag sein könnten. Ich wurde immer nervöser, besonders als ich überlegte, wen ich noch um Hilfe bitten konnte und feststellen musste, dass die komplette Familie und sogar die Nachbarin ausgeflogen waren. Am ganzen Körper zitternd lief ich ins Zimmer der Kollegin und erklärte ihr, dass ich sofort weg müsse. Ich lief zurück in mein Zimmer, speicherte die Datei, die ich gerade bearbeitet hatte, irgendwie irgendwo ab ohne wirklich zu wissen wo (ein Wunder, dass ich die später wiedergefunden habe), schaltete den PC aus und packte panisch meine Sachen in die Tasche. Unterdessen versuchte ich selber, meinen Opa telefonisch zu erreichen, das aber ebenfalls erfolglos.

Ich versuchte mich zu beruhigen, denn tief innen wusste ich eigentlich, dass sowas durchaus mal passieren kann, weil Opa leider sehr schlecht hört und wenn er Fernsehen schaut, oft gar nichts mitbekommt, was um ihn herum passiert oder weil sie einfach doch verschlafen haben oder oder oder…

Aber das Kopfkino ist zu diesem Zeitpunkt anscheinend schon nicht mehr aufzuhalten und als ich meine Eltern anrief, um ihnen zu erzählen, was passiert war, da war es endgültig aus mit meiner Fassung und ich wurde richtig panisch, heulte wie ein Schlosshund und lief-rannte den 10-minütigen Fußweg zum Bus, während meine Mutter am Telefon versuchte, beruhigend auf mich wie auf ein krankes Kind einzureden, dass sicherlich nichts passiert sei, weil eben Opa höchstwahrscheinlich wirklich die Klingel nicht gehört hat. Auch sie hatte gegen das Kopfkino keine Chance.

Was für unglaubliche Szenen sich da in meinem Kopf abgespielt haben, das mag ich hier gar nicht aufschreiben. Nur, was für ein Gefühl es ist, wenn die liebsten Eltern natürlich ausgerechnet heute auf der Rückfahrt von den Verwandten in NRW waren, das Bruderherz seit gestern wieder in Dänemark und ich somit praktisch ganz alleine vor dieser Situation stand, handeln muste, nicht wusste was los ist und das Kopfkino drehte und drehte sich und wollte partout nicht stoppen.

Dann aber, fünf Minuten später und eine Straßenkreuzung vor der Bushaltestelle, hatte meine Mutter doch den Opa telefonisch erreicht, allen ging es bestens, der liebste Opa hatte wie von meiner Mutter vorrausgesagt in der Tat „nur“ Klingel UND Telefon nicht gehört, der Pflegedienst war mittlerweile doch im Haus. Ich musste nicht mehr rennen und der ganze Spuk war plötzlich vorbei. So schnell wie er gekommen war. Ich drehte um und machte mich auf den Rückweg ins Büro, die Tränen flossen weiter auch nach Erlösung von diesem Schreck und noch bis ich wieder im Büro angekommen war, aber eine halbe Stunde später sass ich mit der Lieblingskollegin beim Mittagessen und die ganze Geschichte, die wahrscheinlich nur eine Viertelstunde gedauert hat, erschien mir so unglaublich unwirklich als wäre sie einem Science-Fiction-Film entsprungen. Der Schrecken aber, der sass noch den ganzen Nachmittag spürbar in meiner Brust.

Dieses Gefühl des Alleineseins mit der Situation hat in mir eine unglaubliche Panik ausgelöst. Jetzt frage ich mich, ob nur ich so besonders anfällig für Kopfkino bin oder ob es eine Sache der „Übung“ ist, ob man wenn man solche Situationen ein paar Mal im Laufe eines Lebens durchgestanden hat, irgendwann das Vertrauen findet, dass tatsächlich nichts passiert? Bin ich womöglich hysterisch? Ich aber, ich brauche soetwas dennoch nicht so schnell wieder, denn dieser Montags-Schreck reicht für die nächsten 51 Montage dieses noch so jungen Jahres gleich mit.

Job stuff

Letzten Freitag war ich bei einem Vorstellungsgespräch für einen Werkstudentenjob. Irgendwo und irgendwie muss Frau Ansku ja auch ihre Brötchen fürs Studium verdienen und das weil es ein Zweitstudium ist, sogar noch ein bisschen mehr und ein bisschend dringender als früher.

Das Gespräch verlief ziemlich gut. Ehrlich gesagt, ich hätte niemals gedacht, dass mir die Erfahrungen, die ich bei Don Jefe gemacht habe, aber sie haben mir genützt. Der Personalchef war wohl ziemlich begeistert von mir und selbst als ich ihm erklärte, dass ich mir vom neuen Job u.a. als wichtigstes ein nettes kollegiales Unterstützung erhoffe, da ich in meinem alten Job ziemlich viel auf mich alleine gestellt war, konnte das seine Begeisterung scheinbar auch nur wenig trüben. (Früher hätte ich auf solche Fragen unwissend mit den Schultern gezuckt.) Die Begeisterung trüben konnte höchstens ein wenig die Tatsache, dass ich nur Mo und Fr arbeiten kann, das ist mit drei Tagen dazwischen natürlich etwas unsicher.

Am Ende des Gesprächs wirkten sowohl er als auch ich sehr zufrieden. Er erklärte mir, dass er noch zwei Bewerbungsgespräche führen müsste und sich dann Anfang nächster Woche bei mir melden würde. Nachdem heute schon die Mitte der Woche ist, hab ich mal dort angerufen und nachgehakt. Und erlebte mein blaues Wunder.

Frau Ansku: Guten Tag, mein Name ist Frau Ansku, ich war letzte Woche bei Ihnen zum Vorstellungsgespräch und würde gerne mal vorsichtig nachfragen, ob es schon eine Entscheidung gibt…

Sekretärin: Oh, aber natürlich schon längst. Wir haben Sie ab nächster Woche Montag fest eingeplant. Sie müssten eigentlich auch den Arbeitsvertrag schon bekommen haben?

Frau Ansku: Oha… Wow… Das wusste ich nicht.

Sekretärin: Ja, der Herr XY hat sofort nach dem Gespräch zu mir gesagt. „Die nehmen wir, die ist toll.“

Frau Ansku: Oha, mir sagte man, Sie würden erst noch zwei weitere Bewerbungsgespräche führen und sich dann Anfang dieser Woche melden.

Sekretärin: Ach, papperlapapp! Wir rechnen dann fest nächste Woche Montag mit Ihnen.

Schön, dass ich jetzt inzwischen auch weiß, dass ich seit letzten Freitag einen Job habe. 😉

Gestern

Ich komme wieder an und ganz besonders kam ich gestern an, als ich mich irgendwann auf den Weg in die Stadt machte, um hier und dort einiges zu erledigen und Freunde zu sehen. Als ich so durch Schwabing spazierte und hier guckte, dort etwas erledigte und um die Ecke noch ein Eis ass, als ich etwas weiter in die Stadtmitte fuhr und ohne Eile eine Freundin auf dem Markt besuchen konnte, ohne auf die Uhr achten zu müssen, ohne irgendwann wieder zu Hause sein zu müssen und das Essen für die Kinder auf dem Tisch stehen haben zu müssen, ohne mich absprechen zu müssen oder jemandem Bescheid geben zu müssen. Als ich in aller Ruhe im Nählädchen stöberte und dann mich spontan mit Freunden verabreden konnte, mich einfach auf mein Fahrrad setzen und noch ein Stadtviertel weiterfahren konnte und als dort eine Pizza, einige Cocktails und lustige Gespräche auf mich warteten.

Nicht, dass ich das so furchtbar fand, es gehörte in der Teenie-Hölle einfach dazu und ich habe mir nicht viel Gedanken darüber gemacht. Und jetzt fällt es einfach auf und verursacht so ein „Hach“-Gefühl.

Und jetzt noch ein ganzes Wochenene dazu. Manchmal ist auch das Glück schwer auszuhalten. 😉

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Mir ist vorhin und aus ziemlich heiterem Himmel etwas klargeworden.

Meine Mutter und ich sprachen gestern, über ein relativ kompliziertes Thema. Meine Mutter war (sie hatte ihre Gründe dafür, die zu erläutern hier zu weit führen würde) der Meinung, dass ich im Bezug auf dieses Thema oft in eine Art Erstarrung verfalle, mich (zu) sehr zurückziehe und handlungsunfähig werde. Dass ich mehr in Aktion gehen sollte, um die Dinge im Fluss zu halten, dann löst sich schon alles von alleine. Das war nicht das erste Mal, dass es so einen Dialog zwischen uns gab.

Sie hat recht. Und gleichzeitig klingt es aus ihrem Munde manchmal wie ein Vorwurf.

Während der ersten Woche in der Teenie-Hölle, ungefähr kurz danach, fühlte ich mich gar nicht gut. Ich war erschöpft, krank, überfordert von der neuen Sitaution, einigen Problemen des Alltags und den Wäschebergen, die die Jungs mir tagtäglich hinwarfen. Und ich konnte kaum noch handeln, konnte nichts tun, um die Situation zu ändern, konnte kaum denken, war erstarrt. Ich sprach mit Kollegen und fragte sie um Rat und versuchte ersteinmal zu errorieren, ob das dort normal ist, wie es so läuft. Es war nicht normal, versicherten sie mir, aber ich konnte immer noch nicht wirklich handeln und beobachtete weiter. Irgendwann schliesslich hatte ich für mich meinen Weg gefunden, wie ich damit umgehe. Irgendwann, viel viel später, haben wir diese Problemchen tatsächlich mal in einer Runde angesprochen und ich hoffe, die Sache ist jetzt auf einen guten Weg gebracht und trägt womöglich im Nachhinein noch Früchte.

Bei der abschliessenden Teamsitzung dann hörte ich sehr viel positives Feedback, unter anderem auch diese sehr lieben Worte eines jungen Kollegen: Ich finde es toll, dass Du nicht mit dem Holzhammer in die WG gegangen bist und Deine eigenen Regeln durchgesetzt hast, sondern dass Du erstmal beobachtet hast, wie es dort läuft und wie die Jungs drauf sind und was sie brauchen und dann dementsprechend gehandelt hast. Als ich das gesehen habe, hatte ich ein gutes Gefühl, dass die Jungs bei Dir gut aufgehoben sind.

Vorhin und ganz aus ganz heiterem Himmel ist mir klargeworden, dass beides dasselbe ist. Das Erstarren und das Beobachten. Und dass es manchmal völlig okay und gut ist, kurzzeitig zu erstarren, sich zurückzunehmen und ins eigene Schneckenhaus zurückzuziehen und nur zu beobachten. Um danach dann alles viel besser einschätzen zu können und um einiges bewusster und sicherer handeln zu können.

Mission completed

Mein Koffer und das Nähmaschinchen reisten gestern schon wie Taxi „Papa“ nach Hause und ich mache hier gerade nur noch meine Strophe fertig, um die werten Altmeister des HipHop zu zitieren. Die Jungs haben tatsächlich gestern Bad und Toilette geputzt, Waschmaschine und Spülmaschine laufen auf Hochtouren, die Küche wird gerade noch poliert dass sie blitzt, dann ist alles bereit für die Rückkehr des werten Kollegen. Und meinen Abgang. Ich darf heute nach 17 Tagen Outback und Teenie-Hölle endlich wieder nach Hause. Nach Hause und zurück in mein Leben. Zumindest fühlt es sich so an. Obwohl ich mich eigentlich nicht aus der Stadt fortbewegt habe und zwischendurch ja auch zuhause war, Freunde gesehen und mit der Familie telefoniert habe, stellte ich doch in den letzten Tagen fest, dass ich genauso gut zwei Wochen in der Karibik hätten gewesen sein können. Gefühlt. Es war so anders, dass es mir fast schon etwas schwer fällt, hier Abschied zu nehmen und „mein“ Zimmer und meine Wohnung wieder zu verlassen. Komisch fühlt es sich an, der Gedanke an meine Wohnung und mein eigenes Leben, in dem ich jederzeit und ohne mich abzusprechen aus dem Haus gehen kann. So ungewohnt. Es war ein komplett anderes Leben hier, eine andere Welt. Es war nicht leicht, aber es war auch nicht besonders schwer. Es war Frühstück frühmogens im Sonnenschein auf dem Balkon und es war Wiesn-Gaudi nachts um zwölf.  (Allerdings danach eigentlich gar nicht mehr, Respekt!)

Sept1

Es waren entspannte Spaziergänge morgens zum Bäcker – die habe ich wirklich geliebt – und es war Unfreiheit, Gebundensein, Verantwortung. Es waren wahnsinnig interessante Teamsitzungen und es war Langeweile. Es waren Wäscheberge ohne Ende und es war Spass mit den Jungs. Überhaupt die Jungs waren und sind einsame klasse. „Meine“ Jungs.

Es war wunderschön und es war manchmal megaanstrengend. Und es hat Blickwinkel verändert, auf das was ich tue und tun werde, ganz gewaltig. Zum Positiven und zum Negativen. Es sind so viele kleine Puzzleteile, so viele Momente und Erlebnisse, dass ich sie wahrscheinlich erst in ein paar Tagen sortiert und zu einem vollständigen Bild zusammengesetzt haben werde. Aber jetzt schon kann ich sagen, dass ich viel positives Feedback bekommen habe und ich ein klein wenig stolz bin und sehr glücklich, dass wir das so gut geschafft haben.

Heute fliege ich also zurück in mein Leben, meine Wohnung, mein Bett. Meine Freiheit.

Sept2

Feierabend

Ich kann mich tatsächlich nicht mehr erinnern, wann ich zuletzt vor der Teenie-Hölle zwei ganze Wochen lang keinen Tropfen Alkohol zu mir genommen habe. Ich überlege und überlege, aber mir fällt nichts ein.  Über längere Zeit krank war ich in den letzten Jahren auch nicht wirklich, also muss das wohl eine ganze Weile zurückliegen.

Umso froher war ich grad, als die liebsten Kollegen nach zwei Stunden Abendessen und WG-Gespräch mit den Kids inklusive einer geschlagenen halben Stunde (!) Diskussion über den Putzplan für die nächsten drei Tage (!), als die liebsten Kollegen soeben die Wohnung in Richtung Feierabend verliessen, gedanklich schon beim Feierabendbierchen waren und ich zwar hierblieb aber wusste, dass in meiner Tasche heimlich noch eine kleine Schachtel Mon Cheri auf mich wartet.

So ist das hier. Der Kollege hat sehr gelacht und mir zugezwinkert.

(Müde, sehr müde. Aber Ende in Sicht.)

Mut

(Ich habe lange gezögert, diesen Artikel zu schreiben, weil ich mich ungerne zum Richter über Richtig und Falsch erhebe. Letzten Endes habe ich mich aber dann doch dafür entschieden, weil ich es wichtig fand, das Thema Schwellenangst mal zu erwähnen und auch zu thematisieren, wie Lebenswege verlaufen können, aber nicht immer müssen. Der berühmte Spruch vom: Erstens kommt es anders und zweitens… 😉 )

In letzter Zeit begegnete ich häufig Leuten, die einen ähnlichen „Neustart“ durchmachen wie ich. Da war es immer, dieses vertraute Gefühl „Ach, Du auch.“ Jeder erzählt seine Geschichte und dann blickt man sich an und es fühlt sich alles so sehr vertraut an. Nein, wir wollen nicht mehr. Nein, wir wollen uns nicht irgendwelchen Büroalltags-Regeln unterwerfen. Nein, wir haben keine Lust auf diese gesamte Show, auf Karrieregehabe und auf mehr Schein als Sein. Es ist das typische Zeichen der Generation Praktikum, die plötzlich anfängt nachzudenken, was sie eigentlich vom Leben sonst noch möchte außer ein dickes Auto und einen fetten Gehaltsscheck. Um ehrlich zu sein, ich war erstaunt, dass es bereits so früh anfängt. Aber es ist um mich herum deutlich spürbar.

Und doch, irgendwie ist es in diesem Fall anders. Es ist nicht so, dass ich plötzlich durch eine höhere Eingebung gemerkt hätte, dass ich nicht der Karrieremensch bin und jetzt lieber einen auf Streetworker Sozialarbeiter 😉 mache. Nicht, dass ich plötzlich unglaublich alternativ geworden wäre oder glaube, aus allen gesellschaftlichen Zwängen ausbrechen zu wollen. Es ist eigentlich eher so, dass ich das, was ich jetzt tue, mich lange lange nicht getraut habe zu tun. Aus Angst, aus ganz banaler Angst vor fiesen Arbeitszeiten und erbärmlichen Gehältern, aus Angst, Erwartungen zu enttäuschen und aus vor allem Angst, mir und meinen Eltern beispielsweise die Last eines Zweitstudiums aufzubürden, während dessen ich mich wieder nicht oder nicht komplett selber versorgen konnte. Lange Zeit habe ich diese Angst gar nicht bewusst realisiert. Leute um mich herum machten wie ich ihren Abschluss und stiegen ins Berufsleben ein, haben ein regelmäßiges Einkommen und vielleicht endlich die erste eigene Wohnung. Das will ich auch und das „muss“ ich auch, dachte ich mir.

Aber das war im letzten Jahr einfach nicht so einfach möglich. Ich habe vieles überlegt und vieles probiert, ich bin mehrmals fast verzweifelt und ich habe weiterprobiert und überlegt. So unter anderem auch das Experiment Don Jefe, das aber bereits nach sehr kurzer Zeit zum Scheitern verurteilt war. Wenn ich mich so zurückerinnere und zurücklese, dann waren meine Zweifel, die sich vom ersten Tag an einstellten, durchaus berechtigt und sind im Laufe der Zeit nicht geringer geworden. Ich habe mich trotz allem bemüht, meine Arbeit gut zu machen, das hat was mit meinen Prinzipien zu tun. Aber im Nachhinein gesehen, hatte ich vom ersten Tag an das Gefühl, dort nicht hinzugehören.

Und irgendwo war da immer der Wunsch, eine sinnvolle Arbeit zu machen, etwas was wirklich mir entspricht. Er war da, als ich vor vielen Jahren zusammen mit der liebsten Freundin mein Nebenfach zu Psycholinguistik wechseln wollte (was nicht ging, weil das Fach an unserer Uni abgeschafft wurde. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie enttäuscht wir beide waren. 😉 ). Er war da, als ich in Finnland mehr oder weniger zufällig für vier Monate in einem Kindergarten landete. Er war da, als ich mir nach meiner Rückkehr eine ehrenamtliche Arbeit suchte. Eigentlich aber suchte ich eine erfüllende Tätigkeit mit Menschen als Abwechslung zur – zeitweise doch sehr einsamen – Studiererei. Er war da, als ich die wahnsinnig tolle Chance bekam, bei einem Projekt für Sprachförderung mitzuarbeiten. Und er war immer noch da, als ich gegen Ende und nach dem Ende meines Studiums eine Perspektive für mich suchte. Und er war da -mehr als je zuvor – letztes Jahr bei Don Jefe.

Als ich vor einem Monat die Zusage für den Studienplatz bekam, da war da jede Menge Freude, aber anfangs auch ein ganz komisches Gefühl, das ich zunächst gar nicht einordnen konnte. Erst nach einigem Nachdenken und einiger Zeit realisierte ich etwas, was mir schon so lange diesen Weg versperrt hatte. Es war wie das Gefühl und diese Angst, etwas „verbotenenes“ zu tun. Etwas Regelwidriges, etwas nicht „normales“. Etwas, was meine Umgebung und die Gesellschaft nicht von mir erwarten. Ich hatte das Privileg, eine wunderbare Studienzeit erlebt zu haben, ich kann doch jetzt nicht noch so ein Privileg einfordern. Jetzt fängt das normale Leben an, aber halt, was ist normal? Frage 1000 Menschen, was normal bedeutet und Du wirst 1000 Antworten bekommen. Ist es nicht so? Warum muss dann ausgerechnet ich „normal“ sein?

Das alles soll nicht heissen, dass dieses Linguistikstudium nicht genauso ein Herzenswunsch war oder dass es mir nicht entsprochen hätte, und schon gleich gar nicht, dass ich es nicht jederzeit wieder machen wollen würde. Es war eine wunderbare Zeit und ich habe so unglaublich viel gelernt, was mir heute, in Zukunft und auch für diesen neuen Beruf weiterhelfen wird, davon bin ich überzeugt. Es ist auch nicht so, dass ich komplett „aussteige“. Ich denke, mit einerseits Sprachen und dazu Pädagogik lässt sich sicherlich einiges anstellen, Sie werden schon sehen. Stay tuned! 😉

Es war auch damals als ich mich für die Linguistik entschied so, dass ich erst im Nachhinein merkte, wie gut, wie wunderbar diese Wahl letztendlich zu mir gepasst hat. Und auch heute bin ich keinen Zentimeter weniger dieser Meinung. Ich hätte wirklich sehr gerne an der Uni oder in der Richtung weitergearbeitet, aber es hat nun mal nicht sollen sein. Es hat ein bisschen wehgetan, diese Erkenntnis und tagtäglich spüre ich wieder, dass in meiner Brust ein kleines Linguistenherz schlägt, dass sofort wenn es eine fremde Sprache sieht oder hört, vor Freude aufgeregt zu hüpfen beginnt. Es sollte scheinbar einfach nicht sein. Aber es ist jetzt gut so. Inzwischen bin ich froh, eine so wunderbare Alternative zu haben. Wobei Alternative ja schon etwas blöd klingt. Es sind letzten Endes zwei Dinge, die einfach so nebeneinander bestehen und die ich nicht gegeneinander bewerten möchte. Es sind zwei Wege, die nebeneinander verlaufen und ich probiere jetzt diesen neuen Weg.

Bis hierhin aber war eine Riesenportion Schwellenangst, einfach so auf diesen neuen Weg zu hüpfen. Es erforderte meinen ganzen Mut und meine ganze Kraft, die Zweifel und die Angst niederzukämpfen. Selbst nachdem ich die Bewerbung an die Unis abgeschickt hatte. Diesen Mut hatte ich letztes Jahr nicht, vielleicht auch weil ich da nicht so genau wusste, was ich will. Doch da waren immer wieder wunderbare Freunde und vor allem meine Eltern, die mich unterstützten und bestärkten das richtige zu tun und die mir letzten Endes sogar dieses Gefühl genommen haben, etwas „verbotenes“ zu tun. Die mir halfen, den Mut zu entwickeln, um das „normale“ normal sein zu lassen und meinen Weg zu gehen. Den, der sich für mich gut anfühlt.

Und jetzt sitze ich hier am Anfang meiner Urlaubsvertretung und bin einfach nur wahnsinnig glücklich, dass es jetzt losgeht, dass ich diesen neuen Weg gehen darf, dass ich mich hier schon im Vorraus etwas ausprobieren darf, dass ich merke, wie gut es tut, eine sinnvolle Arbeit zu machen und dass alle diese Wirren endlich vorbei sind. Ich bin begierig zu erfahren und zu lernen (auch wenn es diese Woche hier eigentlich wenig zu lernen und zu erfahren gibt und extrem still ist, zumindest tagsüber sind beide Kinder aus dem Haus und das größte „Drama“ ist diese Woche, den Großen um 5.30 Uhr zu wecken und danach nicht selber sofort wieder ins Bett zu fallen. Kein Vergleich zu den letzten Malen. 😉 )

Ich bin wieder ich. Ich bin sehr glücklich, gerade, hier und jetzt, in der „Teenie-Hölle“. 😉 Und ich freue mich unglaublich auf alles, was da kommt.

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Auf der anderen Seite

Eine Woche Sinnflut-Festival ist vorbei und auch mein vorübergehender „Job“ als Verkäuferin für wunderbaren Näh-Schnickeldi. Für mich war es eine ganz neue Erfahrung, denn nachdem ich zugesagt hatte, den Stand zu machen, fing ich an zu überlegen und kam zu dem Ergebnis, das ich tatsächlich noch nie in meinem Leben in einem Laden oder einem Stand etwas verkauft habe. Aus irgendeinem Grund mochte ich das nie und daher waren meine Studentenjobs, die ich hatte, immer Bürojobs – abgesehen von einem kurzen, hochst unerfreulichen Intermezzo im Lager eines Kleidergiganten, aber das ist dann wieder eine andere Geschichte. Selbst in der Schule hatte ich mich immer  erfolgreich vor dem Verkaufsstand am Weihnachtsbazar gedrückt. Dafür jetzt.

Nun stand ich also auf der anderen Seite der Theke beziehungsweise des Standes. Das bringt eine Menge neue Erfahrungen und gleichzeitig auch viele Fragen: Wenn sich jemand dem Stand nähert, wann spreche ich die Person an? Würde ich selber angesprochen werden wollen oder würde ich lieber „ungestört“ gucken wollen. Oder wirkt es vielmehr desinteressiert, wenn ich die Person nicht anspreche? Irgendwann, nach einigen zögerlichen und nachdenklichen Stunden, beschliesse ich, diese Fragen einfach zu missachten und einfach wild draufloszuquatschen. Ab da fing die Sache an, Spass zu machen. Sowie das strahlende Gesicht dieses Mädchens, dass mit seiner Familie, Eltern, zwei Kinder im Teenageralter und ein ganz kleines süßes Nachzügler-Baby, kam und sich eine Hülle fürs Hausaufgabenheft aussuchen durfte. Sowie die alte Frau, die mir zeitweise etwas verwirrt schien, und die so leise sprach, dass ich sie kaum verstehen konnte, die aber gleich zwei Kissen kaufte.  Sowie die Teenie-Mädels, die sich nur mit Hilfe der ganzen Clique und nach einer demokratischen Abstimmung für eine Handyhülle entscheiden konnten (habe danach nur leider verärgert feststellen müssen, dass sie anscheinend doch im allgemeinen Trubel mehr als eine Handyhülle mitgenommen hatten.) Sowie das Mädchen, das am Stand vorbeikam und begeistert rief: „Dawanda! Ich liebe Dawanda! Ihr seid  so toll, ich könnte stundenlang auf Dawanda stöbern.“ und auf meinen vorsichtigen Einwand, dass wir nicht „Dawanda“ sind, sondern nur ein Shop auf Dawanda und nur Nähsachen verkaufen, völlig unbeirrt und begeistert weiterschwärmte: „Jaja, aber Ihr seid so toll. Ich find Dawanda klasse, ganz besonders gefallen mir immer die Ohrringe…“ 😉 Sowie die – überwiegend männlichen – Standnachbarn, die neugierig vorbeikamen und nachschauten, was wir denn da verkaufen. So schön war das, all diese verschiedenen, kunterbunten, interessanten Menschen!

Am letzten Tag hatte ich endlich auch einmal Gelegenheit, selber über das Festival zu streifen und musste dabei feststellen, dass ich wohl eine Schande für meine eigene Zunft wäre. Am meisten interessiert mich auf Festivals dies viele  gute Essen aus aller Herren Ländern. An Schmuck-, Glitziglitzi- und Schnickeldiständen dagegen gehe ich meistens ziemlich schnell vorbei, ich habe eine leichte Phobie vor noch mehr Staubfängern hier im Ansku’schen Domizil. Wie dem auch sei, hauptsache die anderen haben fleissig gekauft! 😉