Nicht nur Frau Ami muss sich des Öfteren erklären, auch ich ernte immer wieder verwunderte Blicke, wenn ich sage, dass ich Blog schreibe. Das wäre doch eine sehr sonderbare Form, sich mitzuteilen und anderen Leuten sein Leben mitzuteilen, was eigentlich niemanden etwas angeht, fast schon etwas exhibitionistisch. Und das Internet, wer weiss schon, wer da alles mitliest usw. tönt es immer wieder. Und irgendwie juckt es mich dann auch immer wieder, diesen Leuten auch gerne zum zweiten Mal zu sagen, warum ich trotz und gerade deswegen blogge.
Ich blogge, weil die Sache für mich etwas anders aussieht. Klar gibt es Bereiche, Dinge und Probleme in meinem Leben, die gehen niemanden etwas an und darüber schreibe ich auch nicht im Blog. Deshalb habe ich in keiner Weise das Gefühl, mein Leben irgendwie komplett im Internet preiszugeben, ich entscheide ja selber, was ich erzähle und was nicht und keiner zwingt mich, bis auf das letzte Detail mein Leben hier zu beschreiben. Ich schreibe – eigentlich wie in einer Kolumne – kleine Ereignisse, Gedanken und Beobachtungen auf, die mir in den tagtäglichen Irrungen und Wirrungen des Studentenlebens begegnen. Dabei liegt eine große Herausforderung auch in der Auswahl der Themen und im Schreibstil und der Begriff Internet-Tagebuch ist wohl deshalb auch leicht irreführend, wie ich selbst in letzter Zeit bemerkt habe. 🙂 Wer mal seinen Gesprächspartner mal so richtig schocken will, der erzähle locker-fröhlich, dass er/sie ein „Internet-Tagebuch“ schreibt, panische Gesichter garantiert! Angefangen habe ich eigentlich in Finnland, weil ich dachte, es ist per Blog leichter die Verbindung zu Familien und Freunden zu halten. Am Anfang war das sehr unterhaltsam, man bemerkt erst richtig die Unterschiede in den Leuten, der Lebensweise, im Alltagsleben. Aber dann war doch nach meiner Heimkehr ziemlich schnell klar: Jeden Tag zu schreiben: „Heute bin ich aufgestanden, habe geduscht, gegessen, bin in die Uni gegangen, habe gearbeitet, mich mit Freunden getroffen, bin nach Hause, habe die und die und die Seiten im Internet besucht und bin ins Bett“ und das ganze am nächsten Tag von vorne, das wird bald so was von langweilig, und zwar sowohl für den Schreiber als auch für den Leser – ich kann ein Lied davon singen und zudem wäre DAS für mich „exhibitionistisches Preisgeben seines Lebens“ im Internet. Also, kurz zusammengefasst: Hier gibt es hier viele klitzekleine Ausschnitte von dem, was ich so erlebe und was mir durch den Kopf geht zu lesen, viele kleine Einzelteile, vieles lustig, einiges auch nachdenklich, aber in jedem Fall bedenkswert. Ist Euch jetzt eigentlich klar, was für eine permanente enorme Anstrengung es eigentlich ist, hier jeden Tag frischfrommfröhlichfrei die neuesten Storys zu präsentieren??? 😉
Ich könnte auch jetzt sagen, ich schreibe dies alles hier eigentlich auch für mich, ich möchte meine Gedanken und Gefühle ausdrücken und festhalten. Ich könnte sagen, es ist spannend zu sehen, wie man sich entwickelt und manchmal ist es auch so, dass eine Sache, in dem Moment, wo man sie aufschreibt, bereits weitaus weniger schlimm ist als zu Anfang. Dennoch würde der geneigte Leser wohl an dieser Stelle kritisch die Augenbrauen hochziehen und fragen, warum ich denn, wenn ich ja für mich schreibe, mir nicht einfach ein Schreibheft oder ein Tagebuch kaufe und meine Gefühle mit diesem Tagebuch teile – oder einfach in meinem PC ein neues Worddokument öffne. Und dies ist die Frage, die so schwer zu beantworten ist. Und tja, hier komme ich doch nicht drum herum, zu antworten, dass das eigentlich Schöne am Bloggen ist, dass man andere Leute kennenlernt. Ich bin extrem neugierig, ich weiss. Aber gerade diese Neugier hält mich immer wieder beim Bloggen. Manchmal geben wildfremde Leute einen Kommentar ab oder man liest in einem anderen Blog etwas über ein ähnliches Thema und auf einmal entwickeln sich die hörrlischsten Diskussionen, ganz wunderbar und gottseidank meistens sehr unernst ;), und dann plötzlich merkt man, dass man sich sehr sympathisch oder in gewissen Dingen sehr ähnlich ist, obwohl man sich überhaupt nicht kennt und sonst wohl auch nie kennenlernen würde. Und manchmal passiert es auch, dass man plötzlich schwuppdiwupp merkt, wie andere Leute an anderen Orten, mit anderen Lebensumständen, sich durch genau denselben Mist (z.B. Abschlussarbeit) wühlen müssen wie man selbst. Sich gegenseitig bemitleiden macht halt bekanntermaßen doppelt so viel Spaß. 😉
Ich lese andere Blogs, weil ich neugierig bin (hab ich das schon erwähnt? Nein? Oooh, also gut, ich bin neugierig!) und weil ich es interessant und spannend finde, Eindrücke, Szenen und Meinungen aus dem Leben von anderen Menschen mitzubekommen. Menschen, die an anderen Orten, im Ausland leben, junge Menschen, alte Menschen, Menschen mit Familie oder ohne Familie. Ein Teil davon sind junge Frauen in meinem Alter, die schon Kinder haben, also in einer ganz anderen Lebenssituation stecken, in meinem Blogroll findet sich alles. Und dann gibt es natürlich auch noch anderen Studenten/iinnen, meine Brüder und Schwestern im Geiste. 🙂 Darin liegt so eine unglaubliche Vielfalt des Lebens, die mich immer wieder fasziniert und mitreisst, so dass die Liste meiner Lieblingsblogs ständig anwächst und ich jeden Tag mehr Zeit brauche, um alle zu besuchen. (Magisterarbeit ade… 😉 )
Ist das eine zufriedenstellende Antwort an die oben erwähnten Zweifler? Was meint Ihr? Ich weiss es nicht, aber für mich ist es eine. Darum blogge ich.