Heute gab es noch ein weiteres Dankeschön für mein eigentliches Hauptfachdas andere Institut. Hach war das eine Freude, so mag ich das. Und der OhSündia Apple Pie war sogar gelungen und hat allen sehr geschmeckt. (Dankeschön für Eure tollen Rezeptvorschläge, ich hab mich dann doch für OhSündia entschieden, aber Eure Rezepte klangen allesamt wirklich toll und ich werde mir die kopieren und bald mal ausprobieren!)
Die phonetischen Umschriften der Deko habe ich übrigens extra sorgfältig mit Absicht völlig falsch und unsinnig geschrieben, um einen möglichst eindrucksvollen Beweis zu liefern, wie viel ich in der Zeit gelernt habe um die lieben Dozenten etwas zur Anwendung ihrer Kenntnisse in Entzifferungstechniken zu zwingen. Tja, das war wohl nichts, Phonologie war noch nie meine Stärke, so muss ich halt nochmal ganz von vorne anfangen zu studieren. 😉 😛
Die Zahl dieses ersten von drei Freitagen ist: 1,3. Ich kann mich nicht erinnern, jemals in einer mündlichen Prüfung so eine gute Note bekommen zu haben, waaaah! 🙂 8)
Was? Das war’s schon? DAFÜR hab ich mir die ganzen Lautgesetze in den Kopf gekloppt? Ich hab natürlich kein einziges gebraucht, war ja klar… Schlimm war’s nicht, und wenn mich jetzt jemand fragt, ob sich dafür die ganze Nervösität gelohnt hat, dann sage ich: Nein, definitiv nicht. Aber das wusste ich auch schon davor, nur wissen und WISSEN und dann auch körperlich entspannt sein, frühstück herunterwürgen können, KEIN Durchfall haben, durchschlafen usw. sind zwei verschiedene Paar Stiefel.
Es kann ja durchaus sehr spannend und toll sein, die Geschichten von alten Sprachen, älteren Sprachstufen und Wörtern zu erforschen, wirklich und es ist auch praktisch, dass es dafür Lautgesetze gibt, die die Entwicklung von den einzelnen Lauten von Sprachstufe zu Sprachstufe systematisch beschreiben, so dass man auch ohne schriftliche Überlieferungen Rückschlüsse ziehen kann, wie dieses oder jenes Wort mal ausgesehen haben muss. Wenn ich aber diese Lautgesetze – in meinem Fall für Altgriechisch -, wo sich dann im besten Falle ein Laut jeweils völlig anders entwickelt, je nachdem, ob er am Wortanfang oder in der Silbenmitte oder am Wortende oder vor einem r, l oder wasweissichwo steht und wenn er aber nach e, i oder u auftritt, dann bleibt doch plötzlich wieder alles beim Alten, wenn ich diese doofen Lautgesetze bereits zum zweiten Mal auswendig lernen muss. dann hört der Spaß für mich auf sind das für mich die kleinen Momente, in denen ich mich frage, was ich hier eigentlich mache. Zum Glück dauern die aber nie allzu lange an. 😉
Und ich hoffe sehr, dass sich die Vorstellungen von mir und meinem Dozenten decken, was die Gewichtung zwischen Lautlehre und Formenlehre angeht. Ausgemacht ist nämlich „Schwerpunkt Formenlehre“!
Und Ihr so heute, an diesem strahlend sonnigen Sonntag?
Ich hab es ja schon erzählt: Wenn mich Leute fragen, was ich studiere, ernte ich – naturgemäss – immer etwas Verwunderung:“Ich studiere Sprachwissenschaft…“ – „Aha, und WELCHE Sprachen?“ – „… und meine Nebenfächer sind Finnougristik und Indogermanistik.“ Spätestens da hört es dann auf. Finnougristik hört sich zwar komisch an, das Wort enthält eindeutig zuviele Vokale 😉 , aber das kann man noch erklären: „Das ist Finnisch (Finno-) und Ungarisch (-ugris-tik), die gehören zu einer eigenen Sprachfamilie.“ Aber Indogermanistik klingt vermutlich für manche Ohren doch sehr exotisch „Indo-was?“, deshalb versuche ich heute mal für meine werten Leser etwas von dieser Exotik zu nehmen:
Indogermanistik ist eigentlich historische Sprachwissenschaft, die Wissenschaft von der historischen Entwicklung der Sprachen und Sprachfamilien. Daneben ist Indogermanistik aber auch die Sprachwissenschaft der indogermanischen Sprachen (sehr selten gibt es auch die Bezeichnung: Indoeuropäische Sprachen, aber das ist natürlich wiederum ein Politikum 😉 ). Die indogermanischen Sprachen bilden eine große und sehr verzweigte Sprachfamilie mit vielen heute noch gesprochenen, aber auch vielen alten, ausgestorbenen Sprachen, wie z.B. Latein, Altgriechisch, Sanskrit (Altindisch), Tocharisch). Diese Sprachen finden sich im größten Teil von Europa bis hin zum Kaukasus. Das ausgestorbene Tocharisch, was ebenfalls als ein Zweig der indogermanischen Sprachfamilie gezählt wird, wurde sogar noch weiter östlich, vermutlich in der heutigen Monogolei gesprochen. Zählt man dann noch die Verbreitung der indoeuropäischen Sprachen u.a. im Zuge der Kolonisation hinzu, so ist es weltweit die größte Sprachfamilie mit 2,5 Milliarden Muttersprachlern.
Quelle: Wikipedia
Man vermutete schon vor langer Zeit, dass alle diese Sprachen einen gemeinsamen Ursprung haben, das Ur-Indogermanische. Das ist eine Sprache, die nach archäologischen, ethnologischen und linguistischen Theorien im 4. Jahrtausend vor Christus in einer Gegend zwischen Ostmitteleuropa und dem Kaukasus gesprochen worden sein muss. Heute kann man das auch beweisen, denn es gibt in der Entwicklung von Sprachen gewisse Regelhaftigkeiten (z.B. sogenannte Lautwandel), anhand derer man zuerst die Ursprachen der einzelnen Familien und dann die gemeinsame Indogermanische Ursprache rekonstruieren kann. Als ein minikleines Beispiel die Tabelle unten:
Bei dem Wort für „Vater“ könnt Ihr erkennen, dass dieses Wort heute in verschiedenen Sprachen viele verschiedene Formen hat. Dennoch klingen die irgendwie alle ähnlich. Wenn man sich nun die Mitte des Wortes ansieht, dann bemerkt man, dass das t aus dem alten indogermanischen Wort in einigen Wörtern erhalten geblieben ist, zum Beispiel im Sanskrit ‚pitar‘, im Griechischen ‚patér‘ oder im Lateinischen ‚pater‘. Im Gotischen dagegen ist an die Stelle des mittleren t’s ein ‚d‘ getreten, das ‚d‘ ist ein stimmhafter Laut geworden. Das passiert ganz natürlich, im Laufe von vielen Jahren. Sprache ist immer einem Wandel unterlegen, auch unsere heutigen Sprachen verändern sich ja noch. Im Englischen heute wiederum ist daraus ein ‚th‘ geworden und im Altirischen ist es ein behauchtes ‚th‘ (nicht wie Englisch, sondern deutlich behaucht: th). Vergleicht man nun das mit der zweiten Zeile und dem Wort für Mutter, welches auch in der Mitte ein ‚t‘ hat, so finden sich diese Ergebnisse durchweg bestätigt. Das Ganze geht natürlich in einem viel größerem Rahmen und wesentlich komplizierter ab, klar oder? Aber letztendlich kann man aus solchen Befunden sog. „Lautgesetze“ über die Entwicklung von Lauten aufstellen und daraus lassen sich mit großer Wahrscheinlichkeit vermuten, wie die indogermanische Ursprache ausgesehen haben muss. Eine solche Vermutung ist zum Beispiel, dass ‚Vater‘ auf Indogermanisch vor vielen tausend Jahren *pəter geheißen haben muss. Das umgedrehte e in dem Wort ist ein zentraler, fast schon etwas verschluckter Laut, in etwa wie das letzte e im deutschen Verben „spielen“, was ja ausgesprochen wie „spiln“ klingt. Und das Sternchen vor dem Wort bedeutet übrigens, dass dieses Wort in dieser Form von den Forschern so angenommen wird, schriftlich belegt ist es jedoch nciht, weil es natürlich damals vor etlichen tausend Jahren noch keine Schrift geschweige denn Tonbandaufnahmen 😉 gab und uns daher aus dieser Zeit irgendwelche Dokumentationen über die tatsächliche Form dieses Wortes fehlen
Und man sieht, auch bei Verben, Zahlwörtern und Pronomen gibt es große Ähnlichkeiten.
Man geht bei all diesen Rekonstruktionen davon aus, dass sich diese Ursprache im Laufe der Zeit auseinanderentwickelt hat und sich dadurch zunächst weitere Ursprachen entwickelt haben. So zum Beispiel das Urgermanische, das Urslavische, das Urkeltische usw. In der Abbildung unten ist links das Schema dargestellt, rechts die chronologische Entwicklung der einzelnen Sprachen und Sprachgruppen, welche Sprache sich zuerst abgespalten hat und so weiter. Aus diesen Ursprachen, die immer noch auf einen Zeitraum von vor ca. 3000-4000 Jahren angesetzt werden, haben sich dann unsere heute bekannten Sprachen entwickelt, also hat sich zum Beispiel das Urgermanische wiederum aufgespalten in verschiedene regionale Untergruppen, zum Beispiel Nordgermanisch, woraus dann Schwedisch, Dänisch, Norwegisch und Isländisch entstanden, das Westgermanische, woraus u.a. Deutsch, Holländisch und Englisch entstanden und das ausgestorbene Ostgermanisch, wozu Gotisch gehörte. Eine etwas bessere Übersicht über die Mitglieder der einzelnen Sprachzweige gibt es hier.
Quelle: TITUS Thesaurus indogermanische Texte und Sprachmaterialien
So, wer ist bis hierhin mitgekommen? 😀 Ich hoffe, ich habe damit ein bisschen Exotik genommen, ein bisschen Neugier befriedigt und ein bisschen Neugier geweckt. 😉 Wer noch mehr wissen will, der frage bitte entweder mich oder konsultiere diesen relativ guten Wikipedia-Artikel Indogermanische Sprachen oder diese Beschreibung des Faches auf der Homepage unseres Institutes.
(Und wie jedes Mal würde ich mich auch jetzt über Feedback freuen, ob das jetzt für Euch interessant oder langweilig, verständlich oder kompliziert, informativ oder zu ausführlich war. Ich bemühe mich sehr, das auch für „nicht-SpraWis“ interessant und verständlich zu schreiben und einen Einblick in meinen „Job“ zu geben ohne allzuviel Vorwissen vorauszusetzen, aber ob es einem dann immer so gelingt ist die andere Sache.)