Ich hab es jetzt begriffen. Ich verstehe jetzt, wie wir wirklich ticken, wir Singles. Und warum wir uns so schwer tun, den Partner fürs Leben zu finden. Und warum diese Mission von vorneherein zum Scheitern verurteilt sein wird. Dazu bedurfte es nur fünf ganz einfacher Fragen, um zu erkennen, wie töricht dieses Vorhaben eigentlich ist.
Wir suchen erstmal grundsätzlich an den falschen Orten, wenn wir überhaupt suchen und nicht zu faul sind, nach einem Acht-Stunden-Arbeitstag, Fitnessstudio, Dinner mit der Freundin noch auf die Piste zu gehen und neue Leute kennenzulernen. So kann das ja nichts werden, aber ehrlich mal! Wir sind auch beratungsresistent, denn wir sind noch nicht einmal bereit, unser Profil auf sämtlichen Onlinebörsen zu verbreiten und uns mit Matchingpoints endlich den passenden Partner fürs Leben zu angeln. Vielleicht sollte man alle Singles zwingen, sich auf Onlinebörsen zu registrieren, dann sähe diese Welt vermutlich um einiges besser aus. Ein Drittel aller jungen Leute unter 30 sind Single, wenn man die alle auf einem Fleck versammeln würde, dann wäre doch die statistische Wahrscheinlichkeit, dass x-Chromosom und y-Chromosom gleich x hoch 30, ääh, nein, ein Drittel… ? Aber nein, wir sind so naiv-romantisch, dass wir doch tatsächlich glauben, dass der Traumprinz einem auf der Straße über den Weg läuft und heldenhaft einer verzweifelten Frau sanft lächelnd hilft, die soeben heruntergefallenen Einkäufe wieder einzusammeln.
Überhaupt, Traumprinz! Wie dumm sind wir doch, immer noch an den Traumprinzen zu glauben, der auf seinem hohen Roß – alternativ auch seinem Mercedes SL – vorbeigeritten kommt und uns aus unserer Einsamkeit in sein Einfamilienhaus bringt. Unter Einfamilienhaus, da läuft nämlich leider nichts, liebe Herren der Schöpfung, rechnen Sie Sich da bloss keine Chancen aus. Es ist selbstverständlich dass Singles für die lange Wartezeit als Entschädigung nur das Beste verdient haben. Wir achten grundsätzlich nur auf die Partner mit Einfamilienhaus und Karibikurlaub, dass wir dabei natürlich die „Normalos“, die einfach „nur“ nett sind, aber durchaus als passende Partner in Frage kommen würden, schlicht und einfach übersehen, ist also nur unserer eigenen Dummheit zuzuschreiben. Hach zu dumm aber auch! Mit der richtigen Partnerbörse an der Seite wäre das wohl nicht passiert.
Wir sind aber auch romantisch bis zum Erbrechen, das glauben Sie gar nicht! Wir glauben nämlich, dass sich bereits beim ersten Date das berühmte Bauchkribbeln einstellen muss. Aber ehrlich gesagt, anders hätten wir doch auch gar keine Chance, denn weiter als bis zum ersten Date würden wir bei den meisten Partnern ohnehin gar nicht kommen, so sehr springt uns die Verzweiflung über unser Singledasein aus den Augen. Man sieht uns in die Augen und sieht nichts ausser Verzweiflung, Verzweiflung über einsame Winternächte, Verzweiflung über miese Dates, Verzweiflung, Verzweiflung, Verzweiflung. Dass das abtörnt und die Lust auf jedes weitere Treffen verhagelt, ist selbstverständlich. Also bleiben wir weiter allein und weiter verzweifelt über unser selbstgewähltes Schicksal. Da bieten Onlineflirts doch einen entscheidenden Vorteil: Niemand kann uns in die Augen blicken, während wir verzweifelt versuchen unsere kleine heile Welt möglichst partnertauglich zu verkaufen.
So kann das einfach nichts werden, das wird wohl jeder hier einsehen. Also pflegen wir Singles lieber unsere Macken und Schrullen. Alleinstehend und alleine wohnend, können wir diese ja auch ungehindert und nach Lust und Laune ausleben. Wir unterstehen keinerlei sozialer Kontrolle, die uns sanft darauf hinweist, wenn die Gummibärchentüten unter unserem Bett bereits ein Eigenleben entwickeln. Deshalb lieben wir es, diese Eigenheiten und Ticks aus Leibeskräften zu fördern und weiterzuentwickeln. Wer möchte da noch mit uns und unserern Schrullen Kontakt haben? Me, myself and I vielleicht, aber sonst garantiert niemand.
So sind wir, wir Singles!
Zumindest wenn man einem Artikel in der neuesten Ausgabe einer namhaften Zeitschrift glaubt, die für sich beansprucht, ein Sprachrohr meiner Generation zu sein. Wie in aller Welt kommen wir Singles also dazu zu glauben, dass wir tatsächlich auch mal das bisschen Glück haben, dem Richtigen zu begegnen? Und dazu noch ganz ohne eine Partnerbörse? In welcher Welt leben wir eigentlich? Und woher bekommen eigentlich die Internetpartnerbörsen ihre vielen vielen verzweifelten Singles???
Ich habe jetzt eingesehen, wie absurd dieses Vorhaben ist und gehe lieber wieder meine Schrullen pflegen. Ich streiche nämlich die Gummibärchentüten unter meinem Bett jeden Abend vor dem Schlafengehen liebevoll glatt, müssen Sie wissen, und lege sie nach Farben sortiert säuberlich nebeneinander aus. Ich darf das, denn ich bin ja immerhin Single.
Gute Nacht!