Für eine aktive Freizeitgestaltung

Auch so ein typisches Berufsanfängerphänomen ist, dass ja zunächst soviel neues auf einen einströmt, dass mit Arbeitsschluss gegen 13 oder 14 Uhr die Arbeit noch nicht getan, im Sinne von abgehakt ist. Besonders gravierend wird das dann, wenn man als Werkstudentin in 19 Stunden eigentlich fast das komplette Aufgabengebiet einer Sekretärin abdeckt, keine Kollegen zur Unterstützung hat und den ganzen Laden alleine schmeißen muss, wenn man damit ein kleines bisschen überfordert ist und wenn der Arbeitsberg auf dem Schreibtisch wie auch das schlechte Gewissen trotz Überstunden von Woche zu Woche größer wird… Ziemlich genau um 13.15 Uhr/ 13.45 Uhr/ 14.15 Uhr/ 15.15 Uhr, je nachdem wie ich rauskomme, wenn ich dann zum S-Bahnhof gejapst bin, gerade noch meine Bahn erwischt habe, fängt nämlich das Kopfkino an. „Ach, ich hätte noch tun können…“ „Ach, ich müsste noch XY anrufen.“ „Hab ich die Unterlagen XYZ ordentlich genug vorbereitet für den Chef?“ „Hab ich daran gedacht, XYZ zu erledigen und dem Chef auf den Tisch zu legen?“ „Ach, ich hätte noch….“ Solche Gedanken scheinen sicherlich dem einen oder anderen bekannt, aber wenn man über Stunden nicht schafft, abzuschalten, dann ist das doch ziemlich nervig und anstrengend.

Gestern nachmittag war es mal wieder richtig schlimm. Ich überlegte lange, ob ich noch etwas länger bleiben sollte und noch dies oder das erledigen sollte, entschied mich aber dann dagegen, weil 1. ich aufgrund von zuwenig Schlaf hundemüde war, 2. trotzdem schon eine Menge erledigt hatte, 3. alle weiteren anstehenden Aufgaben ein hohes Maß an Konzentration und Wachheit erfordert hätten und 4. der Chef nicht da war und ich weiss, dass wenn er Ende der Woche wiederkommt, noch eine Menge Arbeit auf mich zu kommt, Überstunden nicht ausgeschlossen. Außerdem muss ich sowieso morgen nochmal rein. Vielleicht war das die falsche Entscheidung, denn sobald ich in der S-Bahn sass, nahm das schlechte Gewissen überhand und rollte über mich wie ein Güterzug. Alle Versuche, mich davon zu überzeugen, dass erst Montag ist, der Chef erst wieder am Donnerstag da und morgen auch noch ein Tag ist, schlugen fehl, ich fühlte mich hundeelend. Der nächste Versuch, Ablenkung mit Musik und Lesen schlug ebenfalls fehl. Ein Spaziergang von der U-Bahn nach Hause konnte diese Unzufriedenheit, diesen fahlen Nachgeschmack im Gegensatz zu sonst auch nicht lindern, auch nicht ein Tee zu Hause und eine Runde durch das geliebte Bloggersdorf. Schlussendlich legte ich mich ins Bett und schlief eine halbe Stunde, das half dann endlich abzuschalten und Job Job sein zu lassen. Morgen Mittwoch ist auch noch ein Tag.

*seufz* So hab ich mir das mit dem Bürotür zu und Schluss! schönen Feierabend, Wochenende, Urlaub des Arbeitenden nicht vorgestellt, aber ich denke, das ist so ein typisches Anfängerphänomen und gibt sich mit der Zeit.

Derweil hab ich mich jetzt entschlossen, das allnachmittägliche Kopfkino mit aktiver Freizeitgestaltung zu umgehen, anders geht es leider nicht. Alleine zu Hause lässt sich kein Kopfkino anhalten, also werd ich versuchen, mich täglich möglichst häufig, nach Möglichkeit gleich nach der Arbeit mit lieben Freunden zu verabreden, um auf andere Gedanken zu kommen, auch wenn jeden Tag irgendwo Mittagessen oder Kaffeetrinken vermutlich auf Dauer ziemlich teuer wird und mein knappes Gehalt auch in kürzeser Zeit wohl wieder versoffen verfressen wäre. Aber anders geht es nicht. Also, ich bin für alle Schandtaten bereit werd dann mal mein Telefonbuch durchtelefonieren, wer wann Zeit hat.

8 Kommentare zu „Für eine aktive Freizeitgestaltung“

  1. Liebe Ansku, Kopfkino trifft es ziemlich gut. Ich schob heute nach einer kleinen Kopiererei in der Bibliothek mein Fahrrad durch Schwabing und hatte das Gefühl, ich muss jetzt und jetzt hier zusammenbrechen, und wie soll ich nur die 3 km nach Hause schaffen. Und das nur, weil ich diese Art von Kopfkino seit 4 Wochen nicht loswerde. Immer dasselbe: Arbeite ich, dann arbeite ich nicht effektiv genug, und im Hinterkopf schon mindestens drei andere Aufgaben. Arbeite ich bewusst nicht, frisst das schlechte Gewissen mich auf. Meistens arbeite ich dann am Abend noch ein paar Alibi-Stunden. So oder so bin ich am nächsten Tag erst recht gerädert. Keine Ahnung, wie man aus dieser Schleife herauskommen soll (vielleicht sollten wir unsere Museumspläne mal aufwärmen – wenn ich nur wüsste, wann…)

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  2. Immer gern – vllt. nächste Woche mal? Schreib mir einfach ein mail, wenn’s bei Dir passt. Ich bin zwar auch eingespannt, aber zeitlich flexibler.

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  3. Ich kenne das so so so gut. Ich hatte das zu meiner Werkstudentenzeit ganz extrem: hätte ich länger bleiben sollen, habe ich das ordentlich genug erledigt oder hätte ich doch noch mal drüberschauen sollen, hätte ich noch…???
    Inzwischen hat sich das sehr gebessert, aber es gibt auch immer noch so Tage, an denen ich nicht oder erst spät abschalten kann… Da müssen wir echt dran arbeiten. Vielleicht bei einem Kaffee? 😉 Würde Dich gerne bei Deinen Kopfkino-Abschalt-Versuchen unterstützen. Nicht, dass mir das dann auch zugute käme, nein das ist pures Helfersyndrom und Aufopferungsbereitschaft 😉 Na wie sieht’s aus?

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  4. Jaja, Dein Helfersyndrom kenne ich! 😉 Sehr sehr gerne, ich find auch unser Treffen sit schon wieder viel zu lange her (VIER Wochen!!) Mail folgt die Tage.

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  5. Liebe Frau Ansku,

    eine Sekretöse oder auch gerne einmal Bürodrachen genannt, kocht auch nur mit Wasser. Und hat auch mal klein angefangen.

    Wenn der Chef die totale Perfektion von Dir erwartet, ist er 1. falsch gewickelt und sollte 2. eine professionelle Hilfe einstellen.

    Ein guter Chef hilft in solchen Fällen bei der anfänglichen Des-Organisation.

    Das sind nämlich alles Sachen, in die man reinwachsen muss.

    Am besten geht sowas mit Listen zu organisieren.
    Den Chef nach den Prioritäten fragen, die eigenen – logischen – Prioritäten einbauen und schwupp, wird sowas nach ein paar Tagen zur Routine.

    Im Zweifelsfall immer mal im Nachbarbüro die alteingesessenen Hasen um Rat fragen.

    Ansonsten gilt auch immer der schöne Spruch „Deine Arbeit sollst du lieben, was nicht fertig wird, bleibt liegen“

    Grüße von der Kingsizefairy, ihres Zeichen professioneller Bürodrachen seit 20 Jahren….

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  6. Liebe Frau Kingsizefairy bzw. Frau Bürodrachen,

    vielen lieben dank für diesen Kommentar. Sie haben ja so recht!

    Ich fang grad klein an, ganz klein. Von meinem Chef bekomme ich nicht sonderlich viel Unterstützung, etwas, aber nicht viel. Dafür habe ich das Gefühl, dass er schon ein ganz schön heftiges Maß an Perfektion erwartet. Ich habe eher das Gefühl, momentan einen Vollzeitjob als Werkstudentin in 19 Stunden zu machen. Es ist momentan für mich einfach nicht zu schaffen, die Aufgabengebiete sind so weit…

    Leider gibt es keine alteingesessenen Hasen im Nachbarbüro, ich muss mich da irgendwie ganz alleine durchschlagen. Wenn ich Hilfe brauche – entweder Chef fragen oder irgendwie mich selber durchschlagen.

    Die Prioritäten vom Chef verstehe ich momentan noch nicht ganz, einerseits soll ich arbeitsintensive und sehr komplizierte Dinge wie Monatsreporte machen, wo ich einfach Zeit brauche, um mich einzuarbeiten, andererseits kommt ständig irgendwas von ihm, was ich bitte hier noch erledigen und da schnell machen soll. Ich versuche Prioritäten zu setzen, Listen zu schreiben und mir gewisse Freiräume zu schaffen, um meine Arbeit zu erledigen, auch die Monatsreporte, aber es ist schwer am Anfang, wenn man noch nicht so geübt ist, eindeutig zu sagen, was wichtig ist und was nicht wichtig ist.

    Ich werde da hineinwachsen, das ist klar und ich werde mir ganz ganz doll den schönen Spruch zu Herzen nehmen, das ist dringend nötig. Das weiß ich selber. Ich hab keine Lust, mir weiterhin wegen diesem Job so einen Stress zu machen. Außerdem hat mir mein Herr Opa erst heute gesagt, dass man gegen solchen Stress vorgehen muss, sonst frisst es einen auf.

    Vielen Dank!

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  7. Recht hat er , der Opa.
    Vielleicht mal mit dem Chef reden und die Problematik schildern?

    GGf. eine Liste mit den Prioritäten gemeinsam erstellen und auch, den dafür erforderlichen Zeitrahmen abstecken.

    Noch erledigen und schnell heißt im Übrigen nicht alles stehen und liegen lassen und das direkt machen.

    Die Standard-Antwort lautet: „Legen Sie es bitte dahin, ich kümmer mich darum, sobald ich hier fertig bin. Bis wann brauchen Sie das?“

    Eine gerade begonnene Arbeit nie unterbrechen, nur im alleräußersten Notfall, sonst verzettelt man sich.

    Das wird schon noch 🙂

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