Das Internet, eine Müllkippe?

Vor einigen Jahren, es muss wohl um das Jahr 2001/2002 gewesen sein, diskutierten wir mit unserem Geschichtslehrer im Leistungskurs über das Internet. Der Lehrer, ein bekennder Zyniker, aber großartiger Lehrer und Diskussionspartner, wollte uns damals weismachen, dass das Internet eine Art überdimensionale Müllkippe ist. Eine riesengroße Plattform, auf der jeder das publizieren kann, was er meint, publizieren zu müssen. Und jeder andere kann das frei zugänglich nutzen. So weit, so gut. Mein Lehrer ging jedoch noch weiter, indem er behauptete, dass wirklich wertvolle Publikationen, wirklich heiße Infos, einzigartie Forschungen und Ergebnisse dennoch nach wie vor in Buchform publiziert werden. „Wer wirklich etwas Interessantes zu berichten hat, der veröffentlicht das doch nicht im Internet, der will doch daran verdienen!“

Oft denke ich heute noch über diesen Satz nach, auf irgendeine Weise ist er mir sehr prägend in Erinnerung geblieben und beeinflusst auch heute noch meinen Umgang mit dem Internet. Dennoch stelle ich fest: Das Internet hat sich verändert in den letzten Jahren. Trieb ich mich in den Jahren 2000/2002 im zarten Alter von 18 Jahren vielleicht in ein paar Fanforen rum, schrieb Emails, kämpfte gelegentlich mit für meine Begriffe damals ziemlich unbrauchbaren Suchmaschinen und hatte allgemein nicht so wirklich viel Ahnung geschweige denn Überblick über dieses neue Medium, so machen wir heute eigentlich alles per Internet. Wir buchen unsere Urlaube im Netz, wir shoppen, wir networken, letztes Jahr beim Schreiben der Magisterarbeit fand ich verlorengegangene Literaturhinweise mit ein paar Klicks im Netz wieder, statt umständlich die Bücher neu ausleihen zu müssen. Es gibt zahlreiche Fachzeitschriften inzwischen auch online, meistens jedoch nicht frei zugänglich, natürlich wollen die Leute etwas an ihren wissenschaftlichen Erkenntnissen verdienen und das muss man auch tolerieren. (Auch wenn es manchmal wirklich sehr ärgerlich und frustrierend ist, einen vielversprechenden Artikel zu finden, der GENAU auf das zu erforschende Thema passt und diesen nicht lesen zu können ohne zu zahlen.) Internet und Verdienst, das muss sich nicht mehr ausschließen. Und heute fand mein Bruder sogar eine Software, um den Drucker meiner Eltern auf meinem Laptop zu installieren, weil die Installations-CD verlorengegangen ist. Als das tatsächlich funktionierte und der PC den Drucker erkannte, staunte ich nur. „Ich wusste gar nicht, dass es jetzt sowas auch im Internet gibt.“ (Software klar, aber von solchen maschinenbezogenen Installationen wusste ich bisher nichts) Die Antwort meines Bruders: „Im Internet gibt es ALLES.“

Ich glaube trotzdem in gewisser Hinsicht weiterhin an diesen Satz, ich glaube, dass das Internet vor allem ein schnelles Medium ist, gut um sich einen Überblick zu verschaffen, aber nicht sonderlich gut, um sich intensiv mit einzelnen (geistigen) Themen gründlich auseinanderzusetzen. Ich möchte auch gar nicht auf Printmedien verzichten. Ich konsultiere sicherlich auch weiterhin, insbesondere wenn ich mich mit wissenschaftlichen Inhalten beschäftige, zuerst ein gutes Handbuch. Aber ich googele auch den Begriff, mit dem ich mich gerade beschäftige, denn immer häufiger finden sich auch kleine, unscheinbare, aber sehr hilfreiche Perlen im Internet. Und dennoch zwingt mich dieser kleine Satz meines Lehrers vor ca, 7,8 Jahren doch immer auf’s Neue, meinen Umgang mit dem Internet zu überdenken, darauf zu achten, wo und wie ich mich im Netz bewege und nicht alles unreflektiert zu konsumieren.

8 Kommentare zu „Das Internet, eine Müllkippe?“

  1. Sehr weise Formulierung liebe Anksu. Ich muss mich hier einfach zu Wort melden, schneidest du doch sehr die Themen meiner Masterarbeit an.
    Für die verwende ich übrigens zu 70% wissenschaftliche Text aus dem Internet. Ja du hast richtig gehört… unter den Mediendidaktikern ist der so genannte „Open Content“ bzw. die CC-Lizenz weit verbreitet… nach dem Motto… sind meine Artikel gut, dann werden sie durch die digitiale Verbreitung weitergeben und so finden sie teilweise mehr Leser als in gedruckter Form. Hier sind PDF-Dokumente weit verbreitet. Es gibt unter Sprinkerlink.com inzwischen sogar ganze Bücher, bzw. Buchkapitel in digitaler Form. Wenn man über das Uni-Netz eingeloggt ist, hat man kostenlosen Zugriff auf die meisten Materialien (ich nutze hier von zuhause dafür einen vpn-Client).

    Durch das Web2.0, bzw. die verschiedenen Web 2.0 Dienste wie Wikipedia, Youtube, Flickr, Blogs, Wikis und Podcats und die damit verbundenen neuen Möglichkeiten, selbst Content (Inhalte) im Web zu produzieren und zu verbreiten, existiert heute eine Fülle an Informationen im Netz, die natürlich immer kritisch zu betrachten sind. Es gibt Wissenschaftler, die sagen… der Mopp kontrolliert/richtet sich selbst. Will heißen, dass richtiger „Müll“ verbreitet wird, geschieht eigentlich nur noch sehr selten… durch Kommentare und Bearbeitungsfunktion, bzw. Diskussionen (auch bei Wikipedia gibt es zu jedem Artikel eine Diskussionsseite über kritische Textstellen), haben viele Artikel im Netz mittlerweile einen relativ hohen „Richtigkeitsgehalt“ und teilweise entstehen in Zusammenarbeit mit Unis richtige Expertenwikis zu wissenschaftlichen Themen, die durchaus genutzt werden sollten.

    Was bei allem aber wichtig ist, ist, dem Internetnutzer die richtige Medienkompetenz zu vermitteln. Es ist schlichtweg Aufgabe der Schulen und Lehrer die Kinder und Jugendlichen fit im Umgang mit dem Netz zu machen, damit sie einen kritischen Blick auf die Sachen erhalten und wissen… nicht alles was bei Wikipedia steht, sollte unkommentiert übernommen werden. Hier liegt leider momentan noch viel im Argen. In erster Linie müssen also die zukünftigen Lehrer fit gemacht werden im Umgang mit dem Netz (u.a. auch einer meiner Themen in der M.A.-Arbeit 😉 )

    Das Internet ist also immer das, was man daraus macht, bzw. es liegt an uns, wie wir damit umgehen.
    Hier sind wir verantwortlich, wie die Zukunft aussieht… wir müssen unsere Kindern und Jugendlichen einen verantwortlichem Umgang mit Inhalten aus dem Internet beibringen (und vorleben). Reflexionsvermögen und kritisches Bewusstsein steht dabei an erster Stelle!

    Ach übrigens: Treiber und Treiber-Updates jeglicher Art (Drucker, Grafikkarten, WLAN-Karten, Scanner, etc.) gibt es eigentlich schon seit einer Weile gratis im Netz auf der Herstellerseite zum Download (ich erinnere mich da so an einen persönlichen Fall anno 2003). 😉

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  2. Danke für die Belehrung. Ich bleib trotzdem soweit es geht bei Printmedien. Nichts geht über richtige Bücher, die man anfassen, umblättern, mit Eselsohren versehen, in die man auch mal reinschmieren kann und die man wieder weglegen kann. 🙂

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  3. Ich sehe das ähnlich wie du: es gibt nichts über Bücher, die man umblättern, weglegen, anfassen, knicken, anmalen und ins Regal stellen kann. Aber das Internet ist mir mitlerweile auch ans Herz gewachsen. So habe ich feine Literaturperlen gefunden, die mir hier in Australien sonst komplett unzugänglich gewesen wären. Die französische Bibliothèque Nationale (oder wie auch immer das geschrieben wird) hat wahnsinnig viele Bücher, Magazine, Aufsätze und Bilder digitalisiert – vieles davon wäre mir ausschließlich über Fernleihe, gar nicht oder nur in Frankreich zugänglich gewesen. Mit einem Klick aber war das hier. Hat mich sehr gefreut und kosten tat es auch nichts. Aufsätze gab es oft per PDF, die auch vollkommen lesenswert und gut recherchiert waren, Dissertationen und was auch immer das Herz begehrte. Bilder, die ich sonst mühsam aus Büchern hätte abphotographieren müssen für meine Diss. waren auch fast immer zu finden. Schnelle Hilfe für Computerprobleme war und ist immer bei Hand und Photoshop & Co. – da gucke ich ausschließlich im Internet nach. Wikipedia besuche ich auch immer gerne, wenn ich mal kurz was nachgucken will.

    Dann ist da auch die andere Seite: zahllose Foren, wo man seine Zeit vertrödeln kann, die 100.000 Hunde-Seite, der 1.000.000 Babyblog *räusper*, Facebook, Email, Telefonieren, Fernsehen. Alles da.

    Und schließlich bleibt da noch der Netzmüll, den man einfach rausfiltern sollte. Das Internet ist die totale Demokratie: es ist gleich, ob jemand hochwissenschaftliche, hochpilosophische, hochgeistige Themen intelligent abhandelt oder braunen Müll ablädt – dafür ist das Netz, manchmal leider, auch da. Wie man das Ganze filtert und verwertet – das ist der Punkt. Und das sehe ich genau wie Miri: das Internet ist das, was man draus macht. und das ist auch nicht anders als in Real Life. Denn gedruckten Mist gibt es schließlich auch in Hülle und Fülle 🙂

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  4. Ach ja, kurz als Nachtrag: Vor 200, 300 Jahren wurde das Lesen-Können und Lesen-Lernen äußerst mistrauisch beäugt: als Luxus für die Reichen und Zeitverschwendung, da man in der Zeit auch was Nützliches vollbringen könnte.

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  5. Ich stimmte da dem zu, was Miri und Susan oben schreiben. Es ist für mich keine Müllkippe, aber es gibt eben wirklich alles und man ist selbst dafür verantwortlich, sich das heraus zu filtern, was man braucht. Beispielsweise arbeite ich im Job inzwischen fast papierlos, das alles gibt es natürlich auch auf Papier, aber eben auch online – schneller, einfacher und umweltschonender. Und was Dein Prof meinte, das gilt zumindest in unserem Fachbereich nicht. Ganz im Gegenteil, es gibt Bereiche, in denen als erstes und ausschließlich online publiziert wird – auch kostenlos zugänglich.

    Solltest Du doch mal Bedarf haben, deine Fachzeitschriften kurz online zu durchsuchen – wenn Du noch an der Uni eingeschrieben bist und einen LRZ-Account hast, kannst Du auch per vpn-Zugang kostenlos an die meisten Zeitschriften kommen. Sag Bescheid, wenn ich Dir da helfen kann – es ist selbst dann, wenn man lieber in Papier blättert, doch sehr komfortabel, mal eben was nachsehen zu können, ohne dafür in die Bibliothek zu laufen.

    Insgesamt denke ich, man muss einfach lernen, Informationen zu überprüfen, kritisch zu überdenken und dann einzusortieren. Aber das gilt eben auch im normalen Leben. Also sowieso eine sehr wichtige Fähigkeit.

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