Ein tolles neues Sprachwissenschaftlerspielzeugwerkzeug gibt es jetzt nicht mehr nur als zentnerschweren Schinken in unserer Institutsbibliothek, sondern auch ganz bequem online und darauf möchte ich kurz hinweisen.
Der World Atlas of Linguistic Structures (WALS) erfasst die Strukturen und Besonderheiten einer unglaublich großen Zahl von Sprachen und hat sie als ein gigantomanisches Kartenwerk herausgegeben. Dort kann man dann nachschauen, wo auf der Welt am häufigsten ungewöhnliche Konsontanten (dies ist die Seite, wo die Karte erklärt wird, bitte hier und bei allen folgenden verlinkten Beispielen weiterklicken auf „show map“) vorkommen, in welchen Sprachen es zum Beispiel welche Arten von Negation gibt und wie diese auf der Welt verteilt sind.
Genauso kann man auch sehen, welche Zahlensysteme wo in der Welt in welchen Sprachen verankert sind. Einige Sprachen verwenden dabei nämlich nur auf die Körperteile ausgerichtete Zahlensysteme, also zum Beispiel das Wort für „fünf“ ist dann das Wort für „Hand“. Ihr merkt wahrscheinlich schon, es gibt teilweise ziemlichen hardcore Linguisten-Stoff, aber wusstet Ihr zum Beispiel, dass in einigen Sprachen der Welt die Worte für „Hand“ und „Arm“ bzw. für „Finger“ und „Hand“ identisch sind?? Oder wieviele Sprachen auf der Welt Töne haben, ähnlich wie ihr es aus dem Chinesischen vielleicht schon gehört habt? Das sind gar nicht so wenige. Wusstet Ihr, dass eine ganze Reihe von Sprachen Worter redupliziert, als einfach dasselbe Wort zweimal hintereinanderstellt, um zum Beispiel Plural auszudrücken? Oder in welchen Sprachen das Genus-System (= Wortgeschlecht, im Deutschen maskulin, feminin, neutrum bzw. „der, die, das“) auf dem wirklich natürlichen Geschlecht basiert (männlich – weiblich – sächlich, wohlgemerkt: basiert! Ausnahmen bestätigen die Regel, wir Deutschen wollen schließlich auch unseren lieben ausländischen Mitbürgern etwas Spaß lassen 😉 ) und in welchen nicht – und welche Sprachen überhaupt nicht nach Geschlecht unterscheiden (in der Karte sind das die mit den weissen Kreisen).
Und in welchen Sprachen fallen eigentlich die Worter für „Blau“ und „Grün“ zusammen und wieviele grundliegende Farbkategorien /Farbwörter haben die Sprachen dieser Welt eigentlich? Ihr werdet staunen, mit wie wenig Farbworten man auskommen kann. Aber wer kann mir nun sagen, wieviele Wörter die „farbwortärmsten“ Sprachen denn nun haben und wo sie gsprochen werden? 😉 Oder welche Sprachen in ihren Pronomen eine Unterscheidung nach Höflichkeit haben (wie zum Beispiel Deutsch „Du“ – höflicher „Sie).
Oder, oder, oder. Schaut es Euch an, es gibt nicht nur linguistischen hardcore-Stuff, sondern viele viele wirklich für jedermann und jederfrau interessante Dinge. Wer findet zum Beispiel heraus, wieviel Kasus (Fälle, engl. case) die kasusreichste/ n Sprache/ n der Welt hat/ haben? Aber genug der Worte jetzt, ich wünsche alle Linguisten, Möchtegern-Linguisten und hoffentlich auch vielen Nicht-Linguisten viel Spaß beim Stöbern, Entdecken und Spielen! Ich würde mich freuen, wenn der eine oder andere in den Kommentaren erzählen mag, was er herausgefunden hat. 🙂
(Und genauso gilt: Wenn etwas nicht klar ist, bitte fragt um Himmels willen in den Kommentaren nach!)
Jippiiiiie! Spielzeug!
Da hilft nur eines: Lesezeichen setzen und in stillen Stunden besuchen und schauen, wie man inspiriert wird – Danke für diesen Artikel!!!
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Ha, das ist ja cool — und hat mich erstmal ne halbe Stunde vom Arbeiten abgehalten 😉
Erstaunlich, was für Wörter sich Sprachwissenschaftler so ausdenken und wieviele Sprachen es gibt (zum Beispiel an der Westküste der USA scheint es an Sprachen nur so zu wimmeln — das wusste ich nicht).
Und ja, mir ist durchaus geläufig, dass es Sprachen gibt, wo Hand und Arm und auch Bein und Fuß auf das selbe Wort abgebildet werden, dafür gibts dann aber genügend Wörter für Schnee, Holz oder Feuer (um mal auf Klischees zurückzugreifen).
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Ich habe jetzt leider keine Zeit darin zu gucken (im Grunde genommen dürfte ich gerade nicht mal hier sein), aber bei Gelgenheit verbringe ich sicher da die eine oder andere Stunde. Es hört sich nämlich super spannend an 🙂
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Oi, wie nett von dir gleich eine Negation-Verlinkung für mich einzubauen – Dankeschön!
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